Aflatoxin-Gefahr durch verschimmelnde Brote auf dem Kompost?
Zusammenfassung: Man sollte vermeiden, Getreideprodukte und Nüsse auf den Kompost zu werfen. Auf diesen Nahrungsmitteln können sich spezielle Schimmelpilze (u.a. der "Brotschimmel") vermehren, die äußerst giftige Aflatoxine bilden können. Sind diese einmal gebildet, können sie nur schwer wieder beseitigt werden.
Zur Giftigkeit der Aflatoxine
Akute Toxizität:
Die letale Dosis für den Menschen wird auf 1-10 mg/kg Körpergewicht geschätzt, wobei Kinder besonders empfindlich sind. Die Einnahme von Schimmel-befallenem Mais führte zum Tod von 100 Menschen in Indien (Lancet, 1975, S. 1001ff.).
Chronische Toxizität:
Aflatoxin B1 zählt zu den am stärksten krebserregenden Stoffen. Es führt ausserdem zur Leberzirrhose, hemmt die Immunabwehr und ist teratogen (löst Mißbildungen aus).
Wegen der Gefährlichkeit der Aflatoxine betragen in der EU die zulässigen Höchstwerte in Nahrungsmitteln, laut Aflatoxin-Verordnung, für die Summe aller Aflatoxine 4 ug/kg, für Aflatoxin B1 2 ug/kg und für Aflatoxin M1 (das sog. Milchaflatoxin) in Säuglingsnahrung 0,01 ug/kg.
Aflatoxine werden vor allem auf Getreide und dessen Produkte gebildet sowie auf Nüssen (u.a. Erdnüsse, Walnüsse), falls diese Nahrungsmittel verschimmeln. Als Aflatoxin-bildende Pilze wurden Apergillus flavus, Aspergillus parasiticus und Aspergillus nomius identifiziert.
Alflatoxine sind hitzestabil bis 250 Grad Celsius. Aus Nahrungsmitteln lassen sie sich daher durch Kochen, Autoklavieren, Bestrahlen oder Behandeln mit verschiedenen Chemikalien nicht vollständig entfernen.
Quellen:
Hunnius, Pharmazeutisches Wörterbuch (1998), Walter de Gruyter Verlag
M.O. Moss, International Biodeterioration & Biodegradation 50 (2002) 137-142
A.J. Ramos & E. Hernandez, Animal Feed Technology 65 (1997) 197-206
Mit einem Molekulargewicht von 312 zählt Aflatoxin B1 zu den niedermolekularen Substanzen. Außerdem handelt es sich bei den Aflatoxinen um recht lipophile Stoffe, die sich z.B. gut in Chloroform lösen, aber schlecht in Wasser (nur 10-20 mg/l).
Quelle: Safety Data Sheet Aflatoxin B1 http://www.irmm.jrc.be/rm/sds/sds-bcr-423.pdf
Können Aflatoxine von Pflanzen und Menschen aufgenommen werden?
Lipophile (fettfreundliche) Stoffe benötigen kein Transportsystem um die Zellmembran zu überwinden, da diese selbst lipophil ist. Durch das Cytochrom P450, das sich ebenfalls in Membranen befindet (glattes ER in der Leber) werden Aflatoxine in Epoxide umgewandelt, die extrem reaktionsfreudig sind, nukleophil alkylierend wirken und damit gentoxisch und kanzerogen, und zwar initiierend und promovierend. Es handelt sich beim Aflatoxin B1 um eines der potentesten Kanzerogene.
Für eine Reihe von lipophilen Stoffen ist bekannt, daß sie durch Pflanzen aufgenommen werden: u.a. DDT, PCBs, polyaromatische Kohlenwasserstoffe.
Zu Aflatoxin selbst konnten keine Daten gefunden werden.
Ein Problem vieler Toxine besteht darin, daß sie die unangenehme Eigenschaft haben können, sich in bestimmten Geweben stark anzureichern, z.B. in fetthaltigem Gewebe. Das trifft offenbar auch auf die recht lipophilen Aflatoxine zu, denn diese gehen in die fetthaltige Kuhmilch über, aber nicht in das wenig fetthaltige Fleisch.
Könnte dies für den Hobbygärtner eine Bedeutung haben? Schliesslich füttern Hobbygärtner typischerweise keine Kuh mit Kompost. Beliebt ist hingegen, auf dem Kompost Kürbisse anzupflanzen. Deren Kerne enthalten natürlich ebenfalls viel Fett (besser gesagt Öl). Denkbar, dass sich hier die fettfreundlichen Aflatoxine anreichern könnten. Wissenschaftliche Untersuchungen hierzu liegen offenbar nicht vor.
Die in der Naturheilkunde beliebten Kürbiskerne könnten dann gesundheitliche Risiken bergen, wenn durch verschimmelnde Getreideprodukt und Nüsse die Aflatoxinproduktion auf dem Kompost angekurbelt wurde.
Also sicherheitshalber kein Brot oder Nüsse auf den Kompost geben.
Aflatoxin-bildende Pilze kommen in geringen Mengen fast überall vor, doch wichtig ist die Gesamtmenge an gebildetem Aflatoxin, deshalb auch die Grenzwerte in der Aflatoxin-Verordnung.
Es gibt auch entlastende Überlegungen: In einem fruchtbaren Boden, mit hohem Humusgehalt, krümeliger Struktur und vielen Ton-Humus-Komplexen, wie er besonders durch Regenwürmer erzeugt wird, bestehen gute Chancen, daß Aflatoxine gebunden werden, vielleicht so lange, bis ein Abbau durch Mikroorganismen erfolgt.
Bekannt ist, dass Aflatoxine an hydratisierten Natrium-Calcium-Aluminiumsilikaten gebunden werden können, die unverdaulich sind. Diese Verbindungen werden auch kommerziell als Zusatzstoffe für Tierfutter eingesetzt. Sie ähneln Bestandteilen im Boden.
Zur Inaktivierung von Aflatoxinen durch Mikroorganismen im Kompost und Boden konnten keine speziellen Daten gefunden werden., doch zweierlei unterstützt die Möglichkeit eines mikrobiellen Abbaus:
Bestimmte Bakterien können Aflatoxine abbauen. Von 1000 untersuchten Bakterien konnte dies allerdings nur eines: Flavobacterium aurantiacum B-184, und zwar in Lösungen, dort dann zu wasserlöslichen Produkten.
Quelle: Arpad Bata & Radomir Laszity, Trends in Food Science & Technology 10 (1999) 223-228
Aflatoxine können auch durch die alkoholische Gärung abgebaut werden, z.B. mit dem Hefepilz Candida intermedia. Interessant für die Bier- und Weinproduktion, doch weniger für den Hobbygärtner, denn nur bei der aeroben Verrottung entsteht der begehrte Humus.
Sicherheitshalber empfiehlt es sich also, die Gefahr der Produktion von Aflatoxinen einzuschränken, indem man das Kompostieren von Getreideprodukten (aus Weizen, Mais, Reis) oder Nüssen vermeidet.
Vielleicht finden sich Sponsoren, die durch entsprechende Kompostierversuche Licht in diese offenbar wenig beachtete Problematik bringen.
Eine Aflatoxin-Bestimmung (HPLC) kostet z.B. bei den UFAG Laboratorien ca. 120 Euro. Angesichts der Vielfalt der mikrobiologischen und physikalischen Verhältnisse auf Komposten müßte man allerdings schon eine Vielzahl von Messungen durchführen, um zu einer Aussagekraft zu kommen.
Weitere Informationen:
100 000 Pilze wurden bisher identifiziert
400 davon sind toxisch
20 davon verursachen signifikante Probleme, hier zu zählen die Aflatoxin-bildende Pilze
Vitamin C kann die Toxizität von Aflatoxinen mindern, zumindest lassen Versuche mit Meerschweinchen darauf schließen.
Die Aflatoxine von Aspergillus flavus sind häufig in Erdnüssen, Ackerbohnen, Baumwollsamen, Mais, Reis, Sojabohnen und Weizen zu finden (i.d.R. in Importware).
Aflatoxin B1 ist wenig löslich in Wasser (10-20 mg/l), gut löslich in Chloroform, Methanol, Ethanol und DMSO.
Quelle: Safety Data Sheet Aflatoxin B1 http://www.irmm.jrc.be/rm/sds/sds-bcr-423.pdf)
Literatur
W. Devliegher and W. Verstraete (1995) Soil Biol.Biochem. Vol 27, No 12, pp. 1573-1580
Brown B.A. and Mitchell M.J. (1981) Role of the earthworm, Eisenia foetida, in affecting survival of Salmonella enteritidis ser. typhimurium, Pedobiologia 22, 434-438
Flack M.F. and Hartenstein R. (1984) Growth of the earthworm Eisenia foetida on microorganisms and cellulose. Soil Biology&Biochemistry 16, 491-495
Edwards C.A. and Fletcher K.E. (1988) Interactions between earthworms and microorganisms in organic matter brakdown. Agriculture, Ecosystems and Environment 24, 235-247
Kulinska D. (1961) The effect of earthworms on the soil microflora. Acta Microbiologica Polonica 10, 339-346